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Pflegeeltern werden

Pflegeeltern werden aber wie?

Der erste Schritt für Interessierte besteht natürlich erst einmal darin, Informationen zu sammeln: Broschüren lesen, mit Pflegeeltern aus dem Verwandten oder Bekanntenkreis sprechen, im Internet stöbern, sich Bücher beschaffen, nachdenken, diskutieren. Der zweite Schritt macht das Vorhaben konkreter, denn nun erfolgt eine Nachfrage beim Jugendamt am Wohnort oder einer Vermittlungsstelle eines freien Trägers. Von dort werden die Interessierten zu Vorbereitungsseminaren und Gesprächen eingeladen. Wollen die Interessierten dann immer noch ein Pflegekind aufnehmen und kann sich die Vermittlungsstelle vorstellen, ein Kind dorthin zu vermitteln, werden die Interessierten zu Bewerbern für die Aufnahme eines Pflegekindes und werden in die Bewerberkartei der Vermittlungsstelle aufgenommen.

Die Wartezeit auf das Pflegekind beginnt.

Jugendämter haben für diese Informationsphase unterschiedliche Angebote. Am Beispiel der Stadt Kerpen möchte ich einen Weg modellhaft beschreiben:

Interessierte wenden sich an das Jugendamt Kerpen. Dort gibt es eine spezielle Ansprechpartnerin für den Bewerberbereich. Diese Fachkraft lädt zu einem Erstgespräch ins Jugendamt ein. In diesem Gespräch gibt es einige Grundinformationen und den Hinweis auf die Selbsthilfe-Initiativen, deren Veranstaltungen auch schon während der Bewerberzeit besucht werden können. Der nächste Schritt ist die verbindliche Teilnahme an einem Vorbereitungsseminar ( 1 Tag und zwei Abende).

Parallel dazu oder kurz danach beginnt ein Zyklus von 6 Gesprächen. Diese finden entweder im Jugendamt oder bei den Bewerbern zuhause statt. Sie beinhalten die Abklärung aller schon im Vorbereitungsseminar erfahrenen Themen konkret auf die Bewerberfamilie bezogen. Das letzte Gespräch ist das sogenannte Abschlussgespräch, in dem Bewerber und Fachkräfte zu gemeinsamen Einschätzungen und Vereinbarungen kommen. Dann ist der Bewerber auf der Warteliste

Nach Vermittlung eines Pflegekindes in Kerpen sind die neuen Pflegeeltern zu einer monatlichen Beratung in der Erziehungsberatungsstelle verpflichtet. Diese verbindliche monatliche Beratung muss ein Jahr in Anspruch genommen werden. Bei Bedarf können die Pflegeeltern auch öfter kommen. Nach Ablauf des Jahres ist die Beratungsstelle auch weiterhin neben Jugendamt und den Selbsthilfe-Initiativen Ansprechpartner für die Pflegefamilie.

Grundvoraussetzungen

Wer : Verheiratete Paare, unverheiratete Paare, gleichgeschlechtliche Paare und Alleinlebende mit und ohne Kinder können sich um die Aufnahme eines Pflegekindes bewerben.

Alter: Zwischen den Pflegeeltern und dem Kind sollte in etwa ein natürlicher Eltern-Kind-Altersabstand eingehalten werden.

Berufstätigkeit

Nach der Aufnahme in einer Pflegefamilie muss das Kind kontinuierliche Bezugspersonen erhalten. Es wird daher erwartet, dass ein Pflegeelternteil nicht berufstätig ist, oder sich die Eltern die Arbeitszeit so einrichten können, dass immer ein Elternteil beim Kind ist. Nach erfolgter Integration des Kindes in der Pflegefamilie ist die Frage einer eventuell gewünschten Berufstätigkeit anhand weiterer sicherer Versorgungsmöglichkeiten des Kindes neu zu bedenken.(z.B. bei Besuch des Kindergartens oder der Schule)

Gesundheitliche Situation

Der Gesundheitszustand der Pflegeeltern darf ihre Erziehungsaufgabe nicht behindern oder infrage stellen. Von den Bewerbern wird erwartet, dass sie ein ärztliches Gesundheitszeugnis vorlegen.

Polizeiliches Führungszeugnis

Bewerber müssen ein polizeiliches Führungszeugnis vorlegen. Dies wird von den Bewerbern oder vom Jugendamt direkt angefordert.

Wohnsituation

Wohnräume müssen ausreichend und groß genug zur Verfügung stehen. Das Pflegekind kann sich auch mit einem anderen Kind ein Zimmer teilen, ein eigenes Zimmer wäre jedoch wünschenswert.

Monatliches Einkommen und finanzielle Belastung

Die finanzielle Situation der zukünftigen Pflegeeltern muss gesichert sein.

Religionszugehörigkeit

Die Religionszugehörigkeit spielt besonders dann eine Rolle, wenn Herkunftseltern sich die Unterbringung ihres Kindes bei einer entsprechenden Pflegefamilie wünschen. Die religiöse Haltung der Pflegeeltern darf der von den Eltern benannten religiösen Grundhaltung der Erziehung nicht im Wege stehen.

Die Zugehörigkeit der Bewerber zu einer Sekte erschwert die Aufnahme eines Pflegekindes erheblich.

Kinder der Pflegeeltern

Die Kinder der Pflegeeltern spielen bei der Aufnahme eines Pflegekindes eine große Rolle. Für das Gelingen eines Pflegeverhältnisses müssen die Auswirkungen der Aufnahme eines Pflegekindes auf die eigenen Kinder mitbedacht wird.

 

Persönliche Eignungskriterien

Ein Pflegekind aufzunehmen bedeutet, sich auf Unvorhersehbares einzulassen.

Erfolgreiche Pflegeeltern sind Menschen, die das Kind annehmen können, so wie es ist. Die mit ihm und seinen Lebensumständen geduldig, ohne große Erwartungen und humorvoll umgehen können. Das Pflegekind bringt nicht nur sich ein, mit ihm kommen andere Personen, die auch angenommen werden wollen: Verwandte, Vormünder, Sozialarbeiter, etc. Die Pflegeeltern müssen ihre Familie öffnen und bereit sein, sich mit vielen neuen Gedanken und Menschen auseinander zu setzen.

Motivation

Warum möchten Pflegeeltern-Bewerber ein Kind aufnehmen:

ein Paar lebt schon mit Kindern in seiner Familie, hat aber noch Platz im Haus und im Herzen und kann sich durchaus vorstellen, noch weiteren Kindern Familie zu sein

ein Paar hat schon Kinder, möchte aber aus religiösen, ethischen oder sozialen Gründen anderen Kindern, die bisher Schwierigkeiten im Leben hatten, Gutes tun

ein Paar ist kinderlos. Gern würde es ein Kind adoptieren. Da aber nur so wenige Kinder zur Adoption zur Verfügung stehen, wird nun über ein Pflegekind nachgedacht.

einer oder beide Bewerber haben eine pädagogische oder psychologische Ausbildung. Aufgrund dieser Ausbildung bieten sie sich an, schwer vermittelbare Kinder aufzunehmen und somit eine Berufstätigkeit zuhause auszuüben.

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Natürlich können all diese Gründe auch für Alleinstehende gelten.

Zwischen den Eltern, die schon mit Kindern leben und den kinderlosen Bewerbern gibt es einen besonders gravierenden Unterschied. Während die Paare mit Kindern bereits in ihrem Leben die Rolle als Mutter und Vater erleben, ist genau dies der Herzenswunsch der kinderlosen Paare. Sie wollen durch das aufzunehmende Kind in ihrem Leben eine neue Rolle bekommen – die von Mutter und Vater. Dieses Kind wird ihr Leben in einem Maße verändern, wie sonst nur das Erstgeborene einer Familie das Leben seiner Eltern verändert. Vielleicht noch mehr, noch intensiver, weil sie sich so sehr gewünscht haben mit einem Kind zu leben und viele Schritte bisher gegangen sind, um diesen Wunsch erfüllbar zu machen.

Die Motivation der Pflegeeltern-Bewerber ist natürlich bei der Vermittlung eines Kindes ernsthaft zu beachten und zu würdigen.

Literaturhinweis:

Der Landschaftsverband Rheinland hat das Handbuch „Arbeitshilfe zum Bewerberverfahren im Pflegekinderwesen“ veröffentlicht mit dem Ziel Standards im Bewerberverfahren zu definieren.

PAN NRW e.V.