Auf rund 150 Seiten haben CDU und Grüne im Juni 2022 ihre Ziele und Vorhaben in einem Koalitionsvertrag formuliert und vorgestellt. Doch ein Satz sticht besonders heraus:

Wir nehmen diesen Satz zum Anlass,
um hier einige Forderungen zu formulieren:

  • Mit ihren Pflegeeltern sollen Pflegekinder die Chance erhalten, ihre traumatischen Erfahrungen, die sie in ihren Herkunftsfamilien erfahren haben, zu verarbeiten. Deshalb steht PAN e.V. für eine Förderung und Entwicklung einer gesunden, glücklichen und neuen Eltern-Kind-Beziehung. Es darf im Sinne des Kindes niemals einen Schwebezustand geben. Zu berücksichtigen ist dabei immer das kindliche Zeitempfinden.
  • Recht auf „Annahme als Pflegekind“ um dem Kind Sicherheit zu geben, bei wem es dauerhaft aufwachsen, zu wem es sich zugehörig fühlen darf.

Wir empfehlen den Verbleib der Pflegekinder (§ 1632 BGB) nicht daran zu binden, ob den Eltern – noch einmal –  die Chance gegeben wurde, das Kind wieder selbst zu erziehen, sondern auch den Interessen jener Kinder Rechnung zu tragen, denen ein Zusammenleben mit Eltern, die sie massiv misshandelt und vernachlässigt oder nicht vor solchen Schäden bewahrt haben, auf Dauer nicht zuzumuten ist. Die Überprüfung des FamG hat sich also darauf zu konzentrieren, ob die Jugendhilfe den fachlichen Forderungen des § 37 SGBVIII zur Perspektivplanung hinreichen entsprochen hat. Die (am besten mit einer Frist von 12 Wochen zu versehene) prognostische Festlegung und Hilfeplanung nach § 37 SGBVIII muss für alle Beteiligten der verbindliche Maßstab sein. Der jetzige Entwurf verdoppelt diesen Prozess und setzt Kinder und Pflegefamilien einer extrem belastenden Verunsicherung aus.
Grundlegend empfehlen wir abweichend vom Entwurf am Entwicklungsstand orientierten Fristen, wie sie im Ausland üblich sind, die den Verbleib des Kindes nach einem entsprechenden Zeitraum in der Familie absichern, so dass Kinder und Pflegefamilien nicht die Hürde langjährig hoch belastender und kostenintensiver juristischer Verfahren nehmen müssen, bzw. davon abgeschreckt das Kind trotz größter Bedenken an die Eltern herausgeben. Nach Ablauf einer solchen Frist, sollte es dem Kind möglich sein, den Namen seiner Pflegefamilie anzunehmen. Seitens der Eltern wäre als Ausnahmeregelung nachzuweisen, dass es dem Kindeswohl am besten entspricht, wenn das Kind seine langjährige Pflegefamilie verlassen muss.

  • Gute und regelmäßige Beratung durch einen fachkompetenten Pflegekinderdienst. Nach § 37a Satz 1 haben Pflegeeltern Anspruch auf Beratung und Unterstützung.
  • Pflegekinder haben oftmals Schwierigkeiten in der Schule. Lehrer:innen, Sozialarbeiter:innen, Schulleitung, Erzieher:innen müssen über die Auswirkungen von Traumatisierungen informiert werden.
  • Pflegeeltern müssen über die Biographie des Kindes informiert werden.
  • In NRW gibt es 186 Jugendämter und kaum eine Behörde arbeitet wie die andere. Von Amt zu Amt ist das Verständnis des staatlichen Schutzauftrags verschieden ausgeprägt. Wir empfehlen dringend eine NRW-weite Umsetzung von Standards im Pflegekinderwesen.
  • Auch der Pflegekinderdienst im Jugendamt muss – wie beispielsweise Lügde zeigt – in die Entwicklung des Kinderschutzes einbezogen werden. Besonders kritisch zu prüfen sind Fälle, in denen ein (oft seelisch schon geschädigtes) Kind erziehungsunfähiger Eltern bei deren Bekannten oder in Verwandtenpflege aufwachsen soll. NRW verfügt im Pflegekinderwesen bereits über vorbildliche Konzepte sowohl zur vorläufigen Unterbringung und therapeutischen Diagnostik wie auch zur Anbahnung und Begleitung der Pflegekindschaft, auf diese kann zurückgegriffen werden.
  • Angesichts der hohen Quote an (nicht erreichten) Hauptschulabschlüssen von Care-Leavern muss für diese Gruppe ein Rechtsanspruch auf schulische Förderung, Nachhilfe und Mentoring bei Unterbringung vorgesehen werden.
PAN NRW e.V.